Der Metropolitan - ein stolzes Projekt der Deutschen Bahn AG. Doch wie viele Projekte hatte dieser Zug nur ein kurzes Leben. Und von diesem kurzem Leben erzähle ich hier meine Eindrücke. Viele technische und wirtschaftliche Daten werden an anderer Stelle (u.a. Wikipedia) reichlich und sehr ausführlich erzählt.

Den “ersten Kontakt” zu diesem Zug hatte ich aus den Diskussionsguppen de.etc.bahn.* (usenet). Dort wurde bereits vor dem ersten planmäßigem Fahren viel von diesem Zug berichtet. Ich habe mir dann eine Fahrkarte für die Jungfernfahrt gekauft und habe diese Fahrt am 1. August 1999 mitgemacht. Den damaligen Bericht geben ich hier nochmal wieder:

Jungfernfahrt Metropolitan am 01. August 1999, von Hamburg nach Köln.

Um 11 Uhr 18 am gestrigem Sonntag war die erste fahrplanmäßige Fahrt des Metropolitan angesetzt. Kurz nach 11 kam der Zug von Eidelstedt sehr leise in den Bahnhof, etliche Fotografen und RTL-TV waren auf dem Bahnsteig. Es gab Gedrängel, auffällig viele Leute rannten mit Blumensträußen durch die Gegend, es blitze wie bei einem Sommergewitter. Ich habe vom Südsteg auch zwei Fotos gemacht und mich dann heruntergewagt.


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Gegen 11 Uhr auf dem Südsteig: Der MET wird angekündigt



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Der MET fährt ein



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Gedrängel am Bahnsteig



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Der Steuerwagen am Ende des Zuges



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Dezent doch gut sichtbar: Das Logo des Zuges



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Die Arbeitskleidung der MET-Mitarbeiter



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Die Speziallok vor der Abfahrt



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Die Lok von der Seite


Der Bahnsteig war auch voll von HiWis, die Zeitungen und Trollys einluden. Ca. 11.15 stieg ich ein, RTL dabei, und suchte ,,meinen`` Sitzplatz. Wagen 4 war reichlich voll mit geladenen Gästen, Wagen 5 war fast leer (4 Köpfe gesehen).


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So sieht ein Waggon von innen aus



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Sessel oder einfach nur Sitzplatz?


Obwohl ich bei der Reservierung ,,mit Tisch + Steckdose`` angegeben hatte, suchte ich beides vergeblich. Ich setzte mich deswegen auf Platz 71 (eine Reihe davor), und hatte einen Tisch. Erst später sah ich durch Zufall, das in dem Fuß eines jeden Sessels (Sitz ist reichlich untertrieben) eine Steckdose eingebaut ist. Gut getarnt, schwarz auf schwarz.

Die Sitze sind reichlich breit, nur 3 pro Reihe, und massig bequem. Die Tische sind auf die doppelte Fläche ausklappbar und haben eine Rutschkante aus Gummi. Es roch wunderbar nach ,,neuem Auto``.

Pünktlich fing der Bahnsteig an vorbeizugleiten, der Pfiff des Schaffners und die übliche Ansage war nicht zu hören. Nicht nur mir ging das so, denn schon in Hamburg-Harburg (11.26) hielt der Zug außerplanmäßig, um zwei Leute herauszulassen, die auch nicht mitbekommen hatten, wie der Zug abgefertigt wurden. Einer war ein echter Schwarzfahrer, denn er war von Natur aus schwarz (Scherz vom Nebentisch!).

Gleich hinter Hamburg Hbf folgte eine Durchsage, etwas länger als sonst. Notiert habe ich: 480 Tonen Gesamtgewicht, Herstellerfirma FTD (Fahrzeugtechnik Dessau) ist mit diversen Leuten an Bord, sonstige Gäste wurden begrüßt. Auf einmal Stille mitten in Satz, 30 Sekunden später die Erklärung, das die Elektronik immer nach 90 Sekunden ausfällt. Diesen Spaß hatten wir dann auch noch während der restlichen 5 Minuten der Durchsage.

Es gab alle Getränke gratis, die Temperatur schien bei 18 Grad zu liegen, die Klimaanlagen (2 pro Wagen, jede schafft 60%) rauschen leise aber vermehmlich.

Am Nebentisch sitzt Herr Hansen, ein ,,hohes Tier`` der Betreiberfirma, daher höre ich einiges mit. So wurde lange über die Antenne im Wagendach gekämpft, die angeblich immer Empfang bietet. Zumindest in den Harburger Bergen hat mein Mobiltelefon jedoch zeitweise keinen Empfang.

Die uns entgegenkommenden Züge machen weder Geräusche noch sorgen sie für ein Schaukeln, einzig auf engen Weichen schaukelt und ruckelt der Zug anständig. Durch meinen Nachbarn, der fleißig seinen Bekannten erzählt, bekomme ich mit, daß die Leute mit den Digicams zum Herstellerkonsortium gehören. Es gibt immer noch einige Probleme...

Mir fällt auf, das die Fenster außen regelmäßige Putzstreifen haben. Die Fahrt ist ruhig, eine Beschleunigung ist nicht wahrnehmbar. Es kommen Leute aus Wagen 4, dort soll es ,,voll`` sein, hier ist die Luft angeblich besser. (Klar, bei weniger als Leuten hier.)

Um 12 Uhr wird ein Imbiß gereicht, Salatteller mit Brötchen. Getränke kommen später, heute ist Sekt und Bier frei. Die jungen Damen (wurden die nach Aussehen eingestellt?) sind sichtlich ungeübt, aber bemüht. Zwei Trollys können sich übrigens problemlos im Gang begegnen.

Der Nachbar erzählt was von einer Bremenumfahrung wegen Zeiterspanis, ich erkenne die Strecke aber wieder (einen Tag vorher mit RE Bremen - Hamburg befahren). Man kommt ins Gespräch, er stellt sich vor und bietet mir an den Steuerwagen zu besichtigen (,Ich habe den Schlüssel hier, wollen Sie mal?`). Das lasse ich mir natürlich nicht entgehen, und so darf ich auch auf dem Tf-Sessel Platz nehmen! Es geht zwar ,,nur`` rückwärts, und der Hauptschalter steht auf ,,0``, aber trotzdem: Ich saß am Steuer!


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Der Arbeitsplatz des Tf im Steuerwagens



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Noch eine Ansicht von innen



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Display im Steuerwagen



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Der aktuelle Bremszettel



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Anzeigentableau


Er erzählt auch von technischen Einzelheiten, die ich nicht alle behalten habe. Einige Stichworte: Display mit Leistungsangeben der Motoren (incl. Rückleistung), Windows-OS (deswegen die Ausfälle, alles klar), ,,intelligenter Steuerwagen`` in Gegensatz zu anderen Zügen, Zugbus, wenn Zugbus abgeschaltet kann der Zug als ,,normaler`` Zug weiterfahren (ICE steht dann). Mehr habe ich nicht behalten, sorry.


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Ein Tableau hinter dem Fahrer



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Noch ein technisches Gerät


Gegen 12.50 kommen wir durch Osnabrück, auf dem Rückweg zum Platz kommt Personal zu meinem Führer, die DVD-Player machen Murks. Es fallen dann noch Steckdosen komplett aus, was Herr Hansen durch ein- und ausschalten aller Sicherungen im Waggon (,Das ist ein Hard- und Softwarreset, wissen Sie?`) quittiert. Hm, ich habe diese Art Sicherungen schon seit 20 Jahren eingebaut, aber daß die sowas können ist mir neu. Ich muß dierkt mal meine Hausverteilung aufmachen und nachsehen...;-)

Die DVD-Player gibt es gegen Pfand gratis, einige Filme stehen zur Auswahl (die Liste tippe ich jetzt nicht ab), allerdings nicht im jedem Waggon! Das mußte ein kleines Mädel erst mal verdauen, aber sie bekam dann ,,ausnahmsweise`` doch so ein Gerät. Achja, diese Geräte spielen nur 45 Minuten, dann müssen die auf den Kopf gedreht werden um abzukühlen, danach geht es weiter. Der anwesende Vertreten von Panasonic wollte es nicht glauben, bekam aber ein Exemplar vorgeführt.

Höhe Hasbergen gab es einen heftigen Gleiswechsel und eine Langsamfahrstelle, um 13.02 kurz vor Lengerich passierte uns der Gegenzug. Daran muß man sich erste einmal gewöhnen, ich sah nur einen grauen Schatten vorbeihuschen, dann war er weg.

Hinter Münster drängte mich die Natur die Entsorgungsanlagen aufzusuchen. Als ob es etwas zu verstecken gab, das ganze Klo war in dunkler Beleuchtung gehalten. Exklusiv, schick, aber leider ohne Wasserspülung. Ja, das Wasser ging nicht. Nicht nur in Wagen 5, sondern in allen Wagen! Der Techniker war schon recht aufgelöst, da die Tanks voll anzeigten. (Waren sie auch, wie sich später herausstellte.)

Etwas nervig fand ich den ,,internen Ruf``. Es gongt, man wartet auf eine Durchsage, nichts kommt. Den Servicemann, den ich darauf ansprach sagt, für Beförderungsfälle gebe es einen Doppelgong, der einfache wäre für das Personal. Ahja, muß man nur wissen. Um 13.40 passieren wir Recklinghausen, ich suche einen Mülleimer. Am Platz: Nichts. Im Gang: Nichts. Vor den Türen: Nichts. Im Einstiegsbereich: Nichts. Wohin mit dem Marspapier? Der Techniker hastet durch den Zug, ich frage ihm. Es offenbahrt sich eine DB-Meisterleistung: Der Mülleimer ist unter den Serviceschränken in Kniehöhe mit einem dezentem, 1cm im Quadrat großem blauem Logo geschmückt. Den findet doch niemand...

Ich höre mit, daß jeder Wagen nur 280 Liter Wasser mitschleppt, weil ,,nicht mehr Platz da war`` (O-Ton Herr Hansen), und daß jeder andere Zug 800l mitnimmt. Dafür kommt das Klo bei einem Spülvorgang mit einem Liter aus (Druck-Saugvorgang). Aha...

Herr Hansen ist anscheinend von seinem ,,Kind`` sehr angetan, nach meiner Führung spricht er jeden an, ob er nicht mal mit in den Steuerwagen...? Mir bietet er an, in Köln in der Lok mit in die Halle zu fahren. Das werde ich tun, aber noch ist erst der Rhein zu überqueren.

Es folgt eine Durchsage, der Zugchef bedankt sich, und - jeder Fahrgast dieser Fahrt bekommt noch ein kleines Präsent. Es ist ein Shaker, mit Metropolitan-Gravierung (dezent, leicht zu übersehen). Aber der Karton ist echt Klasse, der macht was her.

Ich begebe mich zur Lok, nur wird diese nicht in eine Halle, sondern auf die Gleise daneben geführt. Die Kräfte dort machen Hektik, weil der Klorüssel nicht paßt, und der Zug muß noch mal 2 Meter weiter, der Tank ist voll und der Techniker ist im Streß. Ich verlasse den Zug, nicht ohne noch einmal einige Fotos zu machen, und gehe zum Köln Hbf zurück.


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Die Jäger und das Opfer



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Sekunden vor der Abfahrt zur Reinigung



Der "Pokal" incl. Verpackung



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Leistungsanzeige beim anfahren


Das war die Jungfernfahrt, es gäbe noch seitenweise mehr zu erzählen, aber das soll es gewesen sein.

Die Zwischenzeit (2000-2003)

In den Jahren zwischen der Einführung und dem sanften Einschlafen hatte ich knapp zehnmal das Vergnügen, auf der Strecke Hamburg - Düsseldorf bzw - Köln auf Kosten meines Chefs den Zug benutzen zu dürfen. Zuerst war das noch eine gute Sache, ich durfte mit meiner BahnCard 2. Klasse in der ersten Klasse mitfahren - es gab ja keine 2. Klasse. Später (genauere Angaben enthält der Wikipediaartikel) wurde dann eine 2. Klasse eingeführt, aber nicht so genannt. Die Ledersessel wurden gegen Stoffstühle ausgetauscht, und bei einer dieser Fahrten konnte ich eine stabile Stahltür am Ende des Waggons sehen. Da wurden die “Billigfahrer” von der 1. Klasse ferngehalten.

Der letzte Tag (11. Dezember 2004)

Nachdem die Einstellung dieser Linie und Zuggattung bekannt wurde begann der Run auf die Karten für die letzte Fahrt. Der Zug war schon arg gerupft, die großen Logos fehlten, DB-Embleme hingen stattdessen an den Türen. Der Zug war zwar gesäubert, aber dennoch konnte man erkennen, das er irgendwie nicht mehr “etwas besseres” war. Die Lok war von der Fahrt am Morgen nicht gesäubert worden. Im Kölner Bahnhof warteten eine Menge Foto- und Videographen auf den Zug, der in einem recht trüben Wetter aus der Abstellanlage kam. Die Rückfahrt nach Hamburg war dann auch beim Personal ein großer Abschied, man konnte aus den Unterhaltungen heraushören, das es noch eine Abschiedsparty geben würde und alle waren enttäuscht, das dieses Projekt so schnell ein Ende gefunden hat. Die Rückfahrt selbst war pünktlich und unspektakulär, nach dem Aussteigen verschwand der Zug für immer aus meinem Blickwinkel. Nun noch ein paar Bilder von der letzten Fahrt und ein 2 Minuten Video (Einfahrt Köln, WC, Waggon, weiter unten). Achtung, 430 Megabyte! Eine "dicke" DSL-Leitung erspart lange Ladezeiten.

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Diese Bild ist in Hamburg entstanden









Kölner Dom im Dunst.jpg



Ein Canon-Objetiv der Baureihe EF ist mit meiner Panasonic-Videokamera kompatibel...


und hier zum 2 Minuten Video (Einfahrt des Zuges, Einstieg) Achtung, 430 Megabyte! Eine "dicke" DSL-Leitung erspart lange Ladezeiten.